Volatil, unsicher, komplex, ambivalent – oder das Leben!

Wem geht es denn heute nicht so, dass er das Gefühl hat, dass alles sehr schnell ist, dass nichts stabil, klar, einfach und verständlich ist – in jeglicher Hinsicht? Ich behaupte mal, dass es einem Großteil der Menschen so geht – egal, ob Beruf, Freizeit, Nachrichten oder Medien generell. Das Leben ist verrückt. Daher rührt dieser Text.

Es war ein kalter Abend, die ersten Anzeichen von Winter und ich war mal wieder auf dem Weg zu irgendeiner Veranstaltung. Das für mich Typische: einfach mal raus, neue Impulse holen und mal schauen, ob ich davon etwas lernen kann. Im Idealfall bestreite ich so einen Abend erwartungslos aber interessiert. Und dieser besagte Abend, vor ein paar Jahren, sollte mich noch lange begleiten und mein Leben und die Welt etwas verständlicher machen, oder zumindest alles neu beleuchten. 

Es ging um die Konfrontation von Mitarbeitern und Führungskräften in der immer komplexer werdenden Berufswelt – im Zeitalter der Digitalisierung. Also irgendwie der aktuelle Dauerbrenner und nichts besonderes. Dennoch bin ich dabei über eine Theorie im „Digital Leadership“ gestolpert. Ich meine über diese Theorie mal im Studium gelesen zu haben. Das Besondere aber war, dass ich diese Theorie auf einmal, mehr oder minder zufällig, nicht mehr ausschließlich in der Arbeitswelt gesehen habe, sondern dass sie ein Gefühl für die Facetten des Lebens bzw. der Welt darstellte. Das gab mir auf einmal besseres Gesamtgefühl und vielleicht auch Verständnis von allem. Aber welches Modell war es?

Das VUCA-Modell
VUCA, ein Akronym, setzt sich im englischen aus den Begriffen Volatilität (volatility), Unsicherheit (uncertainty), Komplexität (complexity) und Ambiguität (ambiguity) zusammen.

1.    Volatilität beschreibt in diesem Modell die Intensität der Schwankungen über einen zeitlichen Verlauf. Man kennt das vom Preis einer Aktie oder vom Index des Dax. Kursschwankungen mit Ausbrüchen nach oben und unten.
2.    Unsicherheit beschreibt in diesem Modell die Ungewissheit und Unvorhersehbarkeit von Ereignissen. Je schwerer es ist, eine Prognose zu treffen, desto unsicherer ist der Kontext.
3.    Komplexität beschreibt in diesem Modell die Anzahl der Einflussfaktoren in ihren jeweiligen Abhängigkeiten. Das bedeutet, dass es Interdependenzen, also Wechselbeziehungen, zwischen den Faktoren in einem System gibt.
4.    Ambiguität beschreibt in diesem Modell die Mehrdeutigkeit von Informationen oder Situationen. Mit anderen Worten ist es eben nicht glasklar, sondern es kommt darauf an. In der Berufswelt wird gern das Beispiel von Innovation (Neues schaffen) und Steigerung der Effizienz (Bestehendes besser machen) genutzt.

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Warum das Ganze? Und wo findet sich das Leben wieder? Naja, man muss ja nicht Inhalte in ihren bestehenden Kontexten lassen, sondern kann sie auch mal transferieren, um zu schauen, ob man dadurch neue Erkenntnisse gewinnen kann. Und ich finde, dass man das mit dieser Theorie kann. Es ist ein absolut einfaches und simples Modell und lässt sich ins tägliche Leben übertragen. Es hält einem immer wieder die Spannungsfelder in der Welt, der Gesellschaft und dem Leben vor Augen. Ich denke, wenn man einzelne Situationen oder Entscheidungen bewusster vor einem solchen Hintergrund fällt, könnten sie besser sein. Einem Menschen sollte klar sein, dass er sich in Spannungsfeldern bewegt, welche nicht eindeutig abgrenzbar sind und viele Faktoren auf sein Handeln einwirken werden, von denen er heute nicht einmal weiß, dass diese Faktoren existieren.

Die Antwort hierauf ist ebenso ein Dauerbrenner: Agilität. Wichtig scheint die Beweglichkeit zu sein, um auf innere und äußere Veränderungen überlegt und effektiv zu reagieren. Gern genommen wird auch das proaktive Gestalten im Veränderungsprozess. Eben ein Balanceakt zwischen Stabilität und Agilität. Das ist auch die Begründung, weshalb in der IT kurzschrittig-iterativ vorgegangen wird und Retrospektiven einen hohen Stellenwert haben. Es geht darum zu schauen, was war gut und was war schlecht. Was sollten wir beibehalten oder verbessern und wo braucht das Team neue Ansätze. Und all das möglichst zügig, nachdem man einen Schritt gewagt hat. Wenn man dieses Denke oder dieses Vorgehen, auf das normale Leben, mit den alltäglichen Problemen transformiert, sollte es einem erleichtern mit Situationen klar zu kommen und gegebenenfalls neue Lösungen zu entwickeln.

 

Quellen:
Clases, C. (2018): Agile Führung und Zusammenarbeit in der digitalen Transformation aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht, https://www.handelszeitung.ch/schweizer-versicherung/management-ernst-nehmen-nicht-hyperventilieren, zuletzt aufgerufen am 21.05.2020, um 22:45.

Gläser, W. (2020): VUCA-Welt, https://www.vuca-welt.de, zuletzt aufgerufen am 21.05.2020, um 23:30. 

Lenz, U. (2019): VUCA Umbrüche: Die neue Welt für Führung und Change. In: Schöler, A., Breidenbach, P., Fischer, P., Koch, A., Lenz, U., Nachtwei, J., Rascher, S., von Au, C. (Hrsg.). Der Mensch im Dschungel der Digitalisierung. Nr. 1, Ismaning: Fakultät für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für angewandtes Management, 16-19.